Schamanismus bei den Germanen
Götter, Menschen, Tiere, Pflanzen
Wie viel Schamanismus steckt im germanischen Heidentum? Sind es bloß Spuren, Züge und Einzelheiten? Oder handelt es sich gar um eine „Schamanenreligion“?
Im Mittelpunkt der nordischen Mythologie steht der Weltenbaum, das universelle Symbol des Schamanismus. An seinem Stamm vermochten die germanischen Götter, Zauberer und Hexen durch die neun Welten zu reisen. Sie praktizierten Seiðr und verließen mit der Seele ihren Körper, sangen Varðlokkur und riefen ihre Krafttiere herbei oder begingen ein Útiseta und sprachen mit den Toten.
Thomas Höffgen vergleicht die Mythen und Riten der Germanen mit den Techniken und Traditionen schamanischer Kulturen aus der ganzen Welt und führt vor Augen, dass der Schamanismus ein fundamentaler Bestandteil auch der alten nordischen Naturreligion war.
Der zweite Merseburger Zauberspruch (9. Jhd.)
Phol und Wotan ritten in den Wald.
Da wurde des Balders Fohlen sein Fuß verrenkt.
So besprach ihn Sinthgunt, der Sonne ihre Schwester.
So besprach ihn Frîja, der Folla ihre Schwester.
So besprach ihn Wotan, so gut er konnte:
Sei es Beinverrenkung, sei es Blutverrenkung,
sei es Gliederverrenkung: Bein zu Bein, Blut zu Blut,
Glied zu Gliedern, als wenn sie geleimt wären.